Die Rückkehr auf das Land war auch eine Rückkehr zu den heimatlichen Wurzeln.

Umsetzbar war dieser Schritt aufgrund meiner beruflichen Selbständigkeit – und der Tatsache, dass die digitale Welt auch im ländlichen Bereich ihren Einzug gehalten hat. Naja oder sagen wir mal fast. Flächendeckend steht die digitale Technologie, zumindest in unserer Gegend, immer noch nicht überall zur Verfügung. Während in den städtischen Ballungsgebieten das digitale Leben zur Normalität gehört, stehen die ländlichen Regionen oft noch vor echten Herausforderungen. Denn es sind die vielen datenintensiven Dienste, an die ich mich als Stadtmensch längst gewöhnt hatte, die aber angesichts der geforderten Standards auf dem Land erschwert nutzbar sind.
Das gilt natürlich nicht für größere Orte oder auch Neubausiedlungen, die nahe ländlicher Randgebiete quadratisch, praktisch, gut hochgezogen werden – da klappt es mit der Breitbandversorgung. Ich spreche mehr von kleinen historischen Dörfern, von nicht geschlossenen Ortschaften oder von Streusiedlungen – also einzeln gelegenen Höfen, die über keinen Ortskern verfügen und zu denen beispielsweise auch wir mit unserem Resthof gehören.

Da kommt man schnell in der Realität an. Besser gesagt in der Funknetzrealität. 5G? Haben oder können? Witzig! Während im Rest der Welt über Nutzen und Schaden von 5G diskutiert wird, laufe ich zeitweise mit dem Handy im Haus von einem Zimmer in das andere, um einen sauberen LTE Standard ‚aufzufangen‘.

Aber egal … mir genügen die vorhandenen Gegebenheiten, um hier zu leben und zu arbeiten. Einkaufen übers Internet ist trotz allem auch im entlegensten Dorf möglich. Kontakt zu entfernten Freunden via Skype oder Kunst und Kultur über digitale Anbieter ins Haus zu holen ist auch kein Problem. Es kann schon sein, dass Streaming-Dienste wie Spotify, Netflix oder wie sie alle heißen manchmal ins Stocken – aber dann gibt es immer noch den Nachbarn nebenan, um zusammen – bei einem Glas Wein – die angesagten neuen Serien zu schauen oder ein gutes Buch kann auch eine schöne Alternative sein.

Aber noch etwas hat sich im Vergleich zu der Ländlichkeit, so wie ich sie aus früheren Jugendzeiten kenne, geändert. Diejenigen, die auf dem Land lebten, hatten meistens in irgendeiner Form etwas mit der Landwirtschaft zu tun. Das ist heute anders. Heutzutage geht nur noch ein kleiner Teil der Landbewohner auch einem landwirtschaftlichen Erwerb nach.

Und ich lerne immer mehr Menschen kennen, die der Stadt den Rücken gekehrt haben, weil ihr Lebenserwerb nicht vom Standort abhängig ist und die coole Loftwohnung nicht mehr zu den Prioritäten gehört. Junge Familien schätzen das Platzangebot, den noch bezahlbaren Wohnraum, den Garten für die Kinder oder das Pferdegestüt, unweit vom Wohnsitz entfernt und einfach mit dem Fahrrad zu erreichen.

Der Wunsch vieler Städter nach dem Land scheint immer überlegenswerter. Oder, wie ich erst kürzlich dazu in einer Dokumentation über ‚Das neue Landleben‘ gelesen habe: Es tut sich was in den Köpfen der Menschen. Also was mich anbetrifft: Die Rückkehr auf das Land war auf alle Fälle die beste Entscheidung. Ich freue mich über jeden Tag, den ich weit entfernt vom städtischen Trubel, von Hast und Eile verbringe. Vergessen sind die morgendlichen Verkehrsstaus, die erschöpfende Suche nach einem Parkplatz oder der allgegenwärtige Straßenlärm. Stattdessen genieße ich in dieser neuen Ländlichkeit ein Dasein, das hauptsächlich geprägt ist von Entschleunigung, Natur, Stille, unendlicher Weite und viel Platz.

Hier, mitten im platten Kehdinger Land, umgeben von Feldern, Kühen und abgelegenen Höfen habe ich mein Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben gefunden.

Ob dieses Landleben für alle ein Sehnsuchtsort ist, sei dahingestellt. Landlust lesen ist eine Sache, selbst geerntete Produkte einkochen und ein Kräuterbeet anlegen hört sich auch noch hübsch an, aber der Geruch von gerade ausgebrachter Gülle oder das Ausbringen von Mist an Sonn- und Feiertagen ist schon eine andere.

Der nächste Ort ist fußläufig nicht zu erreichen, einkaufen ist nur mit PKW möglich und die nächste Arztpraxis ist auch nicht um die Ecke.Ich weiß das. Für mich gehört es dazu und ich nehme diese Umstände gerne in Kauf, denn das Leben auf dem Land gibt mir persönlich mehr als es mir letztendlich abverlangt.