Landleben bedeutet für mich: Immer ins Auto steigen, immer fahren, kaum ein Weg der mit dem Fahrrad gemacht werden kann. Schnell mal noch die vergessene Butter kaufen … nicht so leicht machbar wie gedacht. Restaurantbesuche sind nur per PKW erreichbar und daher mit Fahren verbunden. Einer von beiden ist immer der Fahrer und muss dem anderen beim Weintrinken zusehen.

Der Bus ist ein seltener Gast. Außer dem Schulbus fahren nur zwei bis drei Busse am Wochenende. Wenn Freunde zu uns kommen, dann fahren sie „raus aufs Land“. Im Winter haben die Nebenstraßen selbstverständlich nicht die höchste Priorität und manchmal kommt der Winterdienst auch gar nicht.

Die Gefahr eines Zusammenstoßes mit Bambi auf der Straße ist in einer ländlichen Gegend natürlich deutlich höher. Einen Anruf vom Handy tätigen – nicht immer einfach: Entweder Funklöcher oder kein Netz. (Soll aber besser werden.)

Und dennoch, ich kann ich mir kein anderes Leben vorstellen.

Ich gehöre definitiv aufs Land, je mehr Land desto besser, weil ich morgens von der Sonne geweckt werde, die Vögel singen und ansonsten höre ich … nichts. Dafür sehe ich ganz viel: Kein Morgen ohne ein tolles Fotomotiv. Fuchs und Hase sagen sich hier gute Nacht und die Rehe guten Morgen. Niemand schaut auf unseren Hof, keine direkten Nachbarn, ich könnte nackig durch den Garten tanzen. Rasen mähen am Sonntag oder in der Mittagszeit – wen kümmerts?

Dieses Gefühl von Freiheit und Natur ist für mich so unendlich schön und gerade momentan – zu Zeiten von Corona – schätze ich es soooo sehr. Je einsamer, desto besser.

Ich liebe jeden Sonnenaufgang und jeden Sonnenuntergang. Ich habe tausende von Bildern auf dem Handy und ich meine wirklich: tausende. Meine Zimmerpflanzen sterben leider regelmäßig, aber im Garten beweise ich bessere Qualitäten. Ich erfreue mich an den ersten Frühblühern, und durchs Beet harken entspannt mich sogar.

Und danach eine Tasse Kaffee, mein schnarchender Labrador Scotty neben mir. Dabei erwärmt die Sonne mein Gesicht, mein Gemüt – und mein Herz.

Dieser Gastbeitrag zum Thema „Die neue Ländlichkeit“ kommt von Anne. Anne ist 35 Jahre alt und lebt mit ihrem Partner und dem Labrador Scotty auf dem 200 Jahre alten Scheelshof in Schleswig-Holstein. Sie hat schon immer auf dem Land gelebt – allein schon wegen ihrer Liebe zu Pferden. Doch unabhängig davon könnte sie sich auch kein anderes Leben vorstellen. Wer darüber hinaus etwas mehr über das Leben von Anne auf dem Scheelshof erfahren möchte, der kann sie auf ihrem Instagram-Account @anne_845 besuchen.